Jeder Sammler hat seine Lieblingsstücke, wobei ich bei Ausstellungen häufig feststellte, dass nicht immer die hier gezeigten den größten Gefallen beim Publikum fanden, sondern oft die unwichtigen und nebensächlichen.
In diesem Schrank von Louis Majorelle waren sie alle, die 500 Gürtelschließen des Jugendstils in drangvoller Enge untergebracht, bevor sie zu drei Ausstellungen in deutschen Museen mein Haus verließen, um schließlich im Virginia Museum of Fine Arts in Richmond/USA ihre letzte Heimat zu finden.
Der absolute Star unter meiner Sammlung ist die große Schließe von Alexander Fisher, um 1896 entstanden, Unikat,mit Emailmalerei von Szenen aus Richard Wagners Tristan und Isolde. Neben einer symbolistischen Ornamentik sind zwei Szenen aus Richard Wagners "Tristan und Isolde" in feinster Emailmalerei dargestellt. Mit einer Größe von 20 x 10 cm war sie sicher nicht für den praktischen Gebrauch bestimmt. Ein vergleichbare, kleinere Version befindet sich im Viktoria-Albert Museum, London
In der Ausstellung Villa Stuck
Jetzt im VMFA Museum Richmond
linkes und rechtes Emailbild
Hier nun eine weitere Auswahl meiner Lieblingsstücke:
Zunächst die allererste, mit der vor ca. 25 Jahren das Sammeln dieser Schmuckstücke angefangen hat. Sie ziert daher auch den Einband meines ersten Buches von 1990 über Jugendstil-Gürtelschließen,das im Prestel-Verlag erschienen ist. Der Silberschmied Theodor Fahrner hat sie um 1901 in Pforzheim nach einem Entwurf von Max Gradl angefertigt.
Max Gradl
Beim Sammeln fängt es aus einer Liebhaberei meist ganz klein an und entwickelt sich dann zur Leidenschaft und zum Jagdfieber. Einer meiner größten Funde war die folgende Schließe von Henry van de Velde. Von diesem wohl bedeutendsten aller Jugendstilkünstler waren bislang nur 3 Gürtelschließen bekannt, alles Unikate. Die folgende habe ich in London entdeckt. Sie ist im neuen, 813 Seiten umfassenden Werkverzeichnis ""Henry van de Velde - Metallkunst" unter der Nummer 1.1.57 S. 58 abgebildet und beschrieben. "Dieses spannungsvolle Wechselspiel von gegenäufigen und zu einer Einheit verschmelzenden Linien zeigt die Raffinesse in van de Veldes gestalterischem Denken."
Henry van de Velde Gürtelschließe 1902 Silber
dto.
Monogramm van de Veldes Silberstempel Stempel der Werkstatt
Fahrner-Schließen zählen unter den deutschen zu den besten ihrer Art und stehen auch bei mir an oberster Stelle.
Die beiden folgenden Schließen von Patriz Huber sind kunsthistorisch die bedeutendsten meiner Sammlung, manifestieren sie doch in unvergleichlicher Weise die innovative Ornamentik des deutschen Jugendstils. Sie wurden 1901 in Darmstadt in der Ausstellung "Ein Dokument Deutscher Kunst" erstmals gezeigt. Dieser junge Architekt war erst Anfang zwanzig Jahre alt und gehörte zu den größten Begabungen und Hoffnungen der Darmstädter Künstlerkolonie und der neuen Kunstbewegung. Schon ein Jahr darauf, 1902, nahm er sich das Leben aus privaten Gründen. Einige sagen aus Liebeskummer, andere wiederum aus beruflichen Gründen. Etwas Genaues ist nicht bekannt.
Patriz Huber 1901
Patriz Huber 1901
Patriz Huber 1901
Nun weitere Schließen von Theodor Fahrner, Pforzheim um 1901 in abstrahierendem Floraldesign, entworfen von L. Knupfer, Max Gradl und Georg Kleemann entworfen.
L. Knupfer
Max Gradl (mit Chrysopasen)
Georg Kleemann
Robert Kraft Pforzheim 1909 (Beleg für den Stilwandel)
Pforzheim 1906
Entwurf zur vorigen Schließe, signiert R. Wild1906
Ein sehr beliebtes Motiv war das Gingko-Blatt als Symbol für Glück und Gesundheit
Set mit Schließe, Anhänger und Brosche
Hugo Levinger, ebenfalls Silberschmied in Pforzheim, entwarf die folgenden beiden Schließen mit transluzidem Email und Granaten.
Hugo Levinger
Hugo Levinger
Die folgenden drei Schließen demonstrieren einen variablen Einsatz von Motiven. Die erste Gürtelschließe verfügt nur über einem Glasstein, dann wechselte man diesen aus und besetzte sie oben mit einem Käfer. Und schließlich kam das gleiche Insekt auch noch auf ein anders Modell, allerdings mit geschlossenen Flügeln. Der Entwerfer ist unbekannt.
Die folgende hoch bedeutende französische Gürtelschließe, hergestellt von Piel Frères aus Paris nach einer Lithographie von Alfons Mucha, zierte bei allen Ausstellungen meiner Sammlung das Plakat und auch den Einband des zweiten Gürtelschließen-Buches. Der Skarabäus auf der Stirn deutet auf das neu aufkommende Interesse (revival)an der Kunst Alt-Ägyptens hin.
Piel Frères nach Alfons Mucha
Lithographie als Vorlage zu dieser Gürtelschließe
Copyright VG Bild-Kunst
Dreiteilige Variante dieser Schließe
mit Gürtel
Mittelteil
rechtes Seitenteil nach Muchas Litho "Job"
linkes Seitenteil
Ganz den Geist des Symbolismus atmet die nächste Schließe, von Edmond-Henri Becker 1898 entworfen. Sie bekam bei einem Wettbewerb den ersten Preis.
E.H. Becker 1898
Die folgende, sog. Pfauenschließe wurde erstmals auf der Pariser Weltausstellung 1900 gezeigt und bekam einen Preis.
Piel Frères
Charles Boutet de Monvel, um 1900
Der Silberschmied René Foy zählte um 1900 zu den bedeutendsten in Paris. Seine Stücke sind handgearbeitete Meisterleistungen
René Foy 1899
Lalique, der Entwerfer dieser Korallen-Schließe, gilt als der "Gott" des Jugendstil-Schmucks in seiner Exklusivität und handwerklichen Perfektion.
René Lalique
Der Einfallsreichtum der französischen Juweliere war fast unbegrenzt, auch in der Verwendung des Materials, wenn geschnitztes Horn das Design bestimmt und mit Metall kombiniert wird.
Maurice Dufrène zugeschrieben
Lucien Gaillard
A.Tiebaut hat die folgende filigrane Schließe mit Brosche entworfen
A. Tibaut um 1900 mit Brosche
Die beiden nächsten Beispiele, eine Libellen- und eine Schwanenschließe, zeigen, dass auch in Frankreich die Kunst des Emaillierens auf hohem Stand war.
Neben den deutschen Schließen zählen die englischen zu meinen Favoriten, besonders jene, welche Archibald Knox für Liberty & Co.,London, entworfen hat. Sie veranschaulichen die innovative Ornamentik des neuen Stils am besten. Unter Einbeziehung keltischen Dekors bilden seine eleganten Arbeiten den künstlerischen Höhepunkt englischer Silberarbeiten.
8 x Archibald Knox
Archibald Knox zugeschrieben
Es wurden bei Liberty & Co. auch mitunter komplette Silbergürtel angeboten, wie der folgende. Das Prinzip der unendlichen Linie übernahm Archibald Knox von der keltischen Kunst.
Silbergürtel Archibald Knox
Schließe zum vorigen Silbergürtel
Die Liberty-Gürtelschließen von Oliver Baker wirken rustikaler
Liberty & Co. Oliver Baker 1899
Oliver Baker
Liberty & Co. beauftragte auch anonyme Künster, die ihre motivischen Anleihen zum Teil vom Japonismus bezogen wie das folgende Beispiel.
Liberty & Co.
Liberty & Co. 1899
Liberty & Co. 1906
Von anderen englischen Entwerfern der Guild of Arts and Crafts-Bewegung existieren hervorragende und wichtige Arbeiten. Ch.R. Ashbee war ihr führender Kopf. Von ihm stammt die folgende Gürtelschließe.
Ch.R. Ashbee
Diese emailierte Schließe ist gleichfalls ein Werk der Guild of Handicrafts
Ch.R.Ashbee zugeschrieben
Guild of Handicraft Birmingham
Guild of Handicraft Birmingham 1903
Signaturstempel der Guild
Die letzte englische Schließe von 1903 hat der bedeutende Silberschmied A.E. Jones aus Birmingham entworfen und auch angefertigt.
A.E. Jones
Auch Einzelgänger entwarfen Schließen wie z.B. William Snelling Hadaway 1902 diese mit einer ausgefallenen äußeren Form. Sie konnte dadurch nicht mehr den Zweck erfüllen, einen Gürtel zu schließen, sondern war nur eine Zierschließe, die meist direkt unter der Brust getragen wurde.
W.S. Hadaway
Nelson & Edith Dawson um 1900
Dänemark besitzt seit Jahrhunderten eine bedeutende Tradition des Silberhandwerks. Dänische Silberschmiede wurden weltbekannt wie z.B. die beiden folgenden
Georg Jensen
Mogens Ballin
Sogar die Königliche Porzellan-Manufaktur in Kopenhagen öffnete sich dem Trend mit dem folgenden, in Silber gefassten Exemplar.
Die folgenden Beispiele, die zwar nicht unbedingt zu meinen Favoriten zählen, sollen nur belegen, dass sich auch Amerika nach der Pariser Weltausstellung 1900 vom "Art Nouveau - Virus" infizieren ließ, allerdings wurde in der Begeisterung für den neuen Stil und besonders für Alfons Mucha alles kritiklos übernommen und kopiert, was sich verkaufen ließ. Außer L.C.Tiffany brachte Amerika kaum Eigenständiges hervor.Die zwei führenden Hersteller von Gürtelschließen waren die Firmen Kerr und Unger Brothers aus Newark, New Jersey.
Silbergürtel mit Schließe von Kerr 1901
Unger Brothers 1901
STARS MEINER SAMMLUNG SIND DIE FOLGENDEN STÜCKE:
Auch Österreich hat einen bedeutenden Beitrag zu den Jugendstil-Gürtelschließen geliefert. Die folgende ist in der Literatur Kolo Moser zugeschrieben.
KoloMoser 1901
Mein absoluter Favorit ist eine Arbeit des Wiener Architekten Josef Hoffmann, der, beeinflusst vom Glasgow-Stil des Charles Rennie Mackintosh, Revolutionäres auf dem Gebiet des Jugendstil-Designs entworfen hat und heute sehr geschätzt ist.